Der BGH, AZ: V ZR 233/10, Urt.v. 10.06.2012 hatte über einen nicht seltenen Fall zu entscheiden, in welchem die Trennung der dem Nachbargrundsstück dienenden Versorgungsleitungen durch den Eigentümer begehrt wird. Der BGH führt hierzu aus:
Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören nach § 94 Abs. 2 BGB die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen. Dies ist bei einer dem Nachbargrundstück dienenden Versorgungsleitung nicht der Fall. Sie sind nicht zur Herstellung des Gebäudes eingefügt, sondern dienen allein der Versorgung des Nachbargrundstücks mit Wasser und Strom. Die Versorgungsleitungen sind auch nicht aufgrund der allgemeinen Vorschrift des § 93 BGB wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes.
Versorgungsleitungen stehen als Zubehör des Nachbargrundstücks gemäß § 97 BGB vielmehr in dessen Eigentum. Geht es um die Frage, ob ein Gegenstand Zubehör zu einem Grundstück ist, dann braucht er sich nicht auf diesem Grundstück selbst zu befinden; auch wenn er nur in der Nähe desselben untergebracht ist, kann dem Erfordernis des räumlichen Verhältnisses genügt sein (Senat, Urteil vom 19. März 1965 - V ZR 270/62, MDR 1965, 561).
Ebenso wenig kann sich der Nachbar auf ein Notleitungsrecht in entsprechender Anwendung von § 917 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juli 2008 - V ZR 172/07, BGHZ 177, 165, 167) berufen. Auch das Notleitungsrecht umfasst nicht die Befugnis zur Inanspruchnahme der Wohngebäude des vom Notleitungsrecht betroffenen Grundstücks.
Eine Duldungspflicht folgt auch nicht aus dem kaufvertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss oder aus § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen sind, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Denn es werden keine kaufvertragliche Gewährleistungsansprüche, sondern einen aus dem Eigentum abgeleiteten dinglichen Abwehranspruch geltend gemacht.
Allerdings kann sich eine Duldungspflicht aus einer im Rahmen des Kaufvertrages zwischen den Parteien mündlich getroffenen Vereinbarung ergeben, die als unentgeltlicher Gestattungsvertrag auszulegen ist.
Zwar ist bei unentgeltlichen Gestattungsverträgen grundsätzlich von einer jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit auszugehen (Senat, Urteil vom 26. Januar 2007 - V ZR 175/06, juris, Rn. 9). Ist aber der Verbleib der sein angrenzendes Haus versorgenden Wasser- und Stromleitungen von dem Nachbarn/Verkäufer zur Voraussetzung für den Abschluss eines Kaufvertrages über das Anwesen, in dem sich die Leitungen befinden, gemacht worden und haben die Erwerber hiermit ihr Einverständnis erklärt, so liegt darin die Vereinbarung einer dauerhaften Nutzungsmöglichkeit durch den Veräußerer, bei der eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit durch den Erwerber gerade nicht gegeben sein soll.
Der Annahme eines wirksamen Gestattungsvertrages steht die fehlende Beurkundung der behaupteten Vereinbarung nicht entgegen. Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung bedarf (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) und dass das Beurkundungserfordernis alle Vereinbarungen umfasst, aus denen sich nach dem Willen der Vertragspartner das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft zusammensetzt (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 20. Dezember 1974 - V ZR 132/73, BGHZ 63, 359, 361; Urteil vom 30. Juni 2006 - V ZR 148/05, NJW-RR 2006, 1292 mwN).
Eine formnichtige Abrede der Parteien über den Verbleib der Versorgungsleitungen wäre aber gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB mit der Auflassung des Grundstücks an die Kläger und ihrer Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch wirksam geworden und damit beachtlich.
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